Der Weihnachtsstern in Europa
Es ist nicht lange her, da ging ich meinen wöchentlichen Einkäufen nach. Und dort im Geschäft, zwischen veralteten Zeitschriften und Auflaufformen, die für meinen Geschmack eindeutig überteuert waren, standen sie: Weihnachtssterne. Nein, nicht die goldenen und silbernen Sterne, die man sich ans Fenster hängt oder auf die Spitze des Christbaumes steckt. Ich meine die Pflanze mit ihren wunderschön gefärbten Blättern. Eine eigene Auslage hatten sie, direkt am Eingang, damit sie ja niemand übersehen konnte.
Ich war sofort an meine Kindheit erinnert. In meine Nase stieg der Geruch von frischen Keksen und Weihrauch gepaart mit dem knisternden Ofenfeuer im Wohnzimmer. Und in der Küche, auf einem kleinen Tischchen hinter unserer Eckbank, stand ein Weihnachtsstern. Jedes Jahr, zur selben Zeit, am selben Ort. Die Erinnerung brachte mich beinahe dazu, einen der Weihnachtssterne aus der Auslage zu nehmen – aber eben nur beinahe. Meine Hand bereits ausgestreckt wollen Sie bestimmt wissen, was mich davon abgehalten hat, zuzugreifen.
An dieser Stelle muss ich Ihnen sagen: Die Antwort bekommen Sie erst ein paar Absätze weiter unten. Bevor ich ihnen nämlich verrate, was mich am Kauf der Pflanze so verschreckt hat, möchte ich Ihnen von der Hintergrundgeschichte des Weihnachtssterns erzählen. Bevor der Weihnachtsstern seinen Namen bekam, wurde er Poinsettie genannt. Die Bezeichnung leitet sich von Joel Poinsett ab, einem amerikanischen Botschafter, der die Pflanze im 19. Jahrhundert in die USA einführte. Entdeckt hatte er sie in Mexiko, wo sie bereits um 1400 von den Azteken verehrt und als Heilmittel verwendet wurde. Der Milchsaft zum Beispiel wurde eingesetzt, um Fieber zu bekämpfen. Heute ist von einem Poinsettie-Schmaus abzuraten, besonders bei Kindern und Haustieren kann es nach Einnahme des Saftes oder der Blätter zu schlimmen Folgen kommen. Dazu gehören Übelkeit, Erbrechen sowie Durchfall.
Der Weihnachtsstern kommt nach Europa
1804 fand der Weihnachtsstern nach Europa. Der Forscher Alexander von Humboldt brachte die Pflanze von einer seiner Reisen mit nach Deutschland. Dort wurde sie von dem Magdeburger Adolf Ecke als Geschäftschance wahrgenommen und auf seiner Ranch gezüchtet. Zu dieser Zeit gab es den Weihnachtsstern noch nicht im Topf, sondern nur als Busch, der bis zu fünf Meter hoch werden konnte. Von diesem wurden dann die roten Blätter abgeschnitten und als Sträuße verkauft. Und damit das Geschäft auch zur Weihnachtszeit gut lief, nannte Adolf Ecke die Pflanze Weihnachtsstern.
Während meinem wöchentlichen Einkauf war von Büschen nichts zu sehen. Seit Adolf Ecke sind etliche Jahre vergangen und heute findet man Weihnachtssterne nur mehr im Blumentopf. Dafür gibt es die Pflanze mittlerweile in den verschiedensten Ausgaben: rot, weiß, rosa, einfarbig, zweifarbig, mit Glitzer und ohne. Sie sahen wirklich schön aus und einer hätte sich sicher schön in meiner Wohnung gemacht. Oder?
Ein Weihnachtsstern ist sehr empfindlich
Es ist wohl an der Zeit, Ihnen meine Antwort auf die Frage zu geben, warum ich ohne Weihnachtsstern aus dem Laden gegangen bin. Der Weihnachtsstern und ich, wir sind uns in vielen Fällen ähnlich. Wir mögen es weder zu heiß, noch zu kalt. Bei geöffneten Fenstern frieren wir sofort, ist der Heizkörper an, wird es schnell zu warm. Wir lieben sonnenerhellte Räume, keine Frage. Aber bei direkter Sonneneinstrahlung verhalten wir uns, als würden wir jede Sekunde in Flammen aufgehen. Was ich damit sagen will: Ein Weihnachtsstern ist sehr empfindlich. Wer sich dennoch rantraut, sollte bei der Pflege auf folgende drei Dinge achten:
- Weihnachtssterne mögen eine Zimmertemperatur zwischen 15 und 22 Grad. Alles darüber oder darunter kann für die Pflanze kritisch sein.
- Direkte Heizungsluft oder Zugluft sollte vermieden werden.
- Gießen Sie den Weihnachtsstern nicht zu oft, alle zwei bis drei Tage genügen. Vermeiden Sie unbedingt Staunässe!
Weihnachtssterne haben eine Ruhephase
Sie hatten bereits einen Weihnachtsstern, haben sich super darum gekümmert – und ihm sind trotzdem die Blätter ausgefallen? Ich kann Sie beruhigen, das ist absolut normal. Folgendes Szenario kenne ich nur zu gut: Wir befinden uns wieder in der Erinnerung an meine Kindheit. Die, wo der Weihnachtsstern in der Küche steht. Wie jedes Jahr, zur selben Zeit, am selben Ort. Nur möchte ich diesmal anmerken, dass es jedes Jahr ein anderer Weihnachtsstern war! In Deutschland werden jährlich bis zu 40 Millionen Exemplare verkauft und ebenso viele landen wegen ausgefallenen Blättern im Müll. Nicht anders war es mit dem Weihnachtsstern in unserer Küche.
Aber wussten Sie, dass Weihnachtssterne mit dem Abwerfen der Blätter in ihre Ruhephase gehen? Bis April brauchen sie kaum Wasser; es reicht aus, nur alle zwei Wochen zu düngen. Zu Beginn seiner Ruhephase sollte ein Weihnachtsstern noch zugeschnitten werden. Blüten gibt es übrigens nur, wenn man die Pflanze abdunkelt, sodass kein oder kaum Licht rankommt. Wie genau das funktioniert? Dunkeln Sie den Weihnachtsstern Ende September mit einem Karton, Kübel oder einer Tüte komplett ab. Lassen Sie ihn vier Tage stehen. Nach den vier Tagen wird der Lichtschutz einen Monat lang etwa acht Stunden entfernt. Danach wird der Weihnachtsstern wieder abgedeckt. Am Ende dieser Prozedur sollten sich Blüten und Blätter gebildet haben.
Klingt einfach, oder? Nach Verfassen dieses Artikels kommt mir die Pflege des Weihnachtssterns gar nicht mehr so schwer vor. Mein wöchentlicher Einkauf steht kurz bevor, wer weiß, vielleicht nehme ich mir doch eines der angebotenen Exemplare mit nach Hause.